In der Speicherstadt
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In der Speicherstadt

Eine der wichtigsten politischen Forderungen des Liberalismus im 19. Jahrhundert war die Befreiung des Handels von Zollschranken. Mit der Gründung des Deutschen Zollvereins 1834, in größerem Umfang jedoch erst durch die Gründung des Deutschen Reiches 1871, konnten diese Forderungen erfüllt werden. 1881 vereinbarte Hamburg als neuer Bundesstaat mit dem Reich das Zolleinschlussabkommen. Hamburger Kaufleuten sollte aber nach wie vor eine Möglichkeit geboten werden, Waren aus Übersee im Hafen zollfrei lagern und veredeln zu dürfen.

Dazu wurde im Gebiet südlich der Hamburger Altstadt ein neuer Freihafen angelegt. Freihäfen werden zollrechtlich wie Ausland betrachtet. Sie sind mit Zäunen oder Mauern abgesperrt, um sie herum gibt es Zollkontrollen wie an einer Grenze. Waren dürfen aber zollfrei in Freihäfen eingeführt, dort gelagert und wieder ausgeführt werden. Somit bleiben die Preise dieser Waren durch Ein- und Ausfuhrzölle unbelastet und sind weiterhin auf den Märkten konkurrenzfähig.
Zur Lagerung der zollfreien Waren entstand ab 1883 die Speicherstadt, der größte auf Eichenpfählen gegründete Lagerhauskomplex der Welt. 1888 konnte der erste Bauabschnitt feierlich in Gegenwart des neuen deutschen Kaisers Wilhelm II. eingeweiht werden. Auch danach ging der Bau der Speicherstadt weiter, um die Jahrhundertwende waren etwa zwei Drittel fertig. Bis zum Ersten Weltkrieg folgten noch weitere Lagerhausblöcke. Im Zweiten Weltkrieg wurden zwar Teile der Speicherstadt durch Bomben zerstört, bis 1967 gelang aber ein weitgehend originalgetreuer Wiederaufbau. Erst die weltweite Umstellung der Transportlogistik auf Container und die Einführung elektronischer Warenumschlagssysteme machten Freihäfen in der alten Form überflüssig. 2003 wurde bereits die Freihandelsgrenze verschoben, ein Jahr später wurde die gesamte Speicherstadt zum zollrechtlichen Inland. Ausnahmen sind die zahlreichen Orientteppichlager, die vor allem von iranischen, indischen und pakistanischen Händlern betrieben werden. Am 5. Juli 2015 wurde die Speicherstadt von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
Das Foto wurde von der Poggenmühlenbrücke aus aufgenommen. In der Mitte ist der Holländische Brook zu sehen, umgeben vom Holländischbrookfleet (links) und dem Wandrahmfleet (rechts). Fleete sind die typischen Hamburger Kanäle. Im Hintergrund links ist der Neubau der Elbphilharmonie an der Kehrwieder-Spitze, dem westlichen Endpunkt der Speicherstadt, sichtbar.
(Aufnahme: August 2015)